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Apokalypse
cinegeek.de - wrote on 03/07/16
Dheepan gewann die Goldene Palme in Cannes, hatte etlche Fans, aber auch Kritiker. Dheepan, der Hausmeister, zieht eine weisse Linie zwischen zwei Gebäuden. Sie markiert so etwas wie eine Friedenslinie. Der illegale Migrant aus Sri Lanka versucht einen sicheren Bereich im Viertel abzugrenzen, den die verfeindeten Banden nicht überqueren sollen. Seine Frau muss die Linie täglich überqueren, weil sie im gegenüberliegenden Trakt als Altenpflegerin Geld verdient. Während er den Strich markiert, wird er Opfer von Witzen, ob seine Linie wohl mit Curry gestreckt sei. Dheepan aber hat keinen Humor. In seiner Heimat kämpfte er für die tamilischen Rebellen und verlor seine Familie. Um nach Europa zu gelangen, wechselte Dheepan seine Identität. Vorher hiess er Sivadhasan. Die neue Familie ist in Wahrheit eine Zweckgemeinschaft. Yalini wurde seine neue "Frau", weil sie der auf dem Passfoto ähnlich sah. Sie teilen eine Wohnung, aber jeder lebt für sich. Für die Frauenfiguren oder kulturellen Brüche aber hat Audiard wenig Interesse. Wichtiger sind ihm die Parallelen zweier Gesellschaften, die sich in einer Art Krieg befinden: In Sri Lanka kämpfen zwei ethnische Gruppen miteinander, in Frankreich genauso. Während Dheepan den Krieg in seiner Heimat wohl noch verstand, muss er sich in Frankreich wie ein Idiot vorkommen. Seine Hautfarbe ist noch dunkler als die der einen Ethnie, der "Araber", dadurch steht er in der Hierachie unter ihnen. In Frankreich teilen verschiedene Gruppen von Migranten ihr Territorium mit Gewalt ab. Audiards Film wirkt wie die Apokalypse der Kulturen. Er entwickelt sich vom Flüchtlings-Drama zum Thriller durch die Figur der Yalini: Im Gegensatz zu Dheepan lebt sie ihre Wut darüber, dass sie jede Drecksarbeit annehmen muss und in jedem Dreckloch leben soll, aus. Audiard gibt ihr Recht und wirft sie im Showdown zwischen die verfeindeten Gruppen, den Staat, den Krieg der Kulturen. Dheepan besinnt sich auf seine Rolle als Widerstandskämpfer und wir werden in einen Action Film geworfen, den Audiard in seiner Unbedingtheit, in seiner Konzentraion vorführt, die ihn immer ausgemacht haben. Für dieses Finale hat man den Regisseur kritisiert (es sei zu unvermittelt, zu impulsiv). Ich aber meine, dass diese Zuspitzung Dheepan erst die filmische Legitimation erteilt. Dheepan entwickelt sich, er bricht aus, er explodiert! Stille Sozial-Dramen können andere besser, dafür brauchen wir Jacques Adiard gar nicht. mehr auf cinegeek.de