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Avantgarde
cinegeek.de - wrote on 03/07/16
Wir sehen ein Mann im Spiegel, vor ihm ein gemaltes Selbst-Portrait. Der Mann wurde von hinten erschossen, während er malte. Im Grunde funktioniert Spielbergs Film genauso. Realität, Spiegelung, Abbildung. Spielberg versucht wahre Begebenheiten des kalten Krieges zu spiegeln, tut dies aber filmisch so überhöht, dass Bride Of Spies den Charakter eines Gemäldes bekommt. Ein Mann, gefangen in etwas, das grösser ist als er selbst - ein typisches Spielberg Thema. Dieser Mann heisst Jim Donovan (Tom Hanks), ein Anwalt. Dann tritt auf Rudolph Abel (Mark Rylance), ein Spion gegen die Interessen der USA und für die UDSSR. Donovan soll Abel vor Gericht vertreten. Die Überzeugung von Donovans Boss (Alan Alda) ist simpel: Hauptsache, es wirkt wie ein richtiger Prozess. Donovan aber ist kein Handlanger und verlangt einen fairen Prozess für Abel (der laut seiner Überzeugung einen normalen Job gemacht hat). Natürlich hat Donovan Recht und es kommt zu dem Vorfall, dass Francis Gary Powers (Austin Stowell), ein amerikanischer Pilot in die Hände der Russen fällt. Nun wird Donovan geschickt, um den Austausch der Beiden zu vermitteln. Wiederum verlangt man von ihm nur das Minimum seiner Pflichterfüllung. Donovan wäre aber kein Spielberg Charakter, hielt er sich daran. Er tut nicht nur das Notwendige, sondern wächst darüber hinaus. Spielberg arbeitet von Beginn an konzentriert und still - fast ohne Soundtrack. Bridge Of Spies ist kein Action Film, aber ein Dialog-Film mit sehr viel Stilbewusstsein. Die Spannung entsteht durch die Konversation und die Tatsache, dass Donovan herausfindet, im kalten Krieg geht es vor allem um "Deals" und Ausreden. Achtet mal auf die Details im Film, die Kostüme oder Donovans Haus! Tatsächlich fühlen wir uns nicht wie in einem modernen Film, der die Vergangenheit nachstellt - es ist so als ob wir einen flüchtigen Blick auf die Geschichte werfen dürfen. Dieser Realitätsgehalt wiederum wird von Spielberg maniriert vorgeführt: In dem Moment, da Donovan nach Deutschland kommt, erscheint alles in Blau- und Grautönen. Ost-Deutschland hat dabei wiederum eine andere Farbgebung als der Westteil. Wann haben wir jemals die Berliner Mauer als so eindringliches Monument gesehen? Tom Hanks spielt in Bride Of Spies auch nicht einfach den "Jedermann", für den er so oft gebucht wird. Hanks gibt den Besten aller Jedermänner! Er findet die richtige Balance, das Aussergewöhnliche einer normalen Person zu verkörpern. Das Drehbuch von Matt Charman und Joel & Ethan Coen reiht sich ein in die vielen grossen Leistungen von Bridge Of Spies. Spielberg hat sich fast unbemerkt zu einem der grossen Historiker des Kinos entwickelt (er ist eben nicht nur der Fantasy Regisseur der 70er und 80er!). Viele dieser Epen wurden unterbewertet. Vermutlich wird auch Bridge Of Spies dieses Schicksal wiederfahren, obwohl wir es hier mit einem ganz grossartigen Film zu tun haben! mehr auf cinegeek.de