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Comedian
cinegeek.de - wrote on 03/07/16
Es war eine cinephile Stammkundin, die mich auf den Film aufmerksam machte. Dabei hatte ich die ersten drei Romane Houellebecqs verschlungen! Mehrfach! Seine Literatur ist wie er selbst: Verdorben. Er strahlt das auch aus, während er in seiner Küche sitzt, um einem Innenarchitekten Anweisungen zu geben. Wie er da sitzt, zittrig seine Zigarette hält, muss ich unwilkürlich an ein Crystal Meth Opfer denken. Dieser Film von Guillame Nicloux (der selbst auch Schriftsteller ist) wurde inspiriert durch eine Episode in Houellebecqs Leben, da er selbst bedroht war, entführt zu werden. Houellebecq, der ein Taxi ablehnt, weil der Fahrer Afrikaner ist und in der nächsten Szene eine schwarze Freundin herzlich umarmt. Plötzlich wird das Leben des Schriftstellers angestossen wird von drei schwachköpfigen Brüdern. Einer fett, die beiden anderen gepflegt, wobei der dritte ein Martial Arts Kenner ist. Sie entführen Houellebecq auf ihren Landwohnsitz und ketten ihn an. Er hätte seit Ewigkeiten nicht geraucht, lügt er die Entfürer an, doch bald wird klar, dass ihm hier nichts geschehen wird. Die Drei sind zuvorkommend und sogar empfindsam. Sie reichen ihm nicht nur sein Essen, sondern auch die überlebensnotwendigen Zigaretten. Sogar eine Nutte wird geliefert. Man philosophiert über die unmögliche Existenz der Polen, Alexandriner und den Literaturbetrieb. Während alle auf das Lösegeld warten, weisen die Entführer Houellebecq in die Geheimnisse des Kampfsports ein. Wer hat die Entführung überhaupt befohlen? Als Houellebecq vor drei Jahren wochenlang wie vom Erdboden verschluckt blieb, verdächtigte man Al-Kaida. In der Öffentlichkeit tritt der Dichter als verwahrloster Mensch mit zwanghaften Angewohnheiten auf. Im Film pendelt er zwischen genial und debil. Er wähnt Brüssel als Ort für einen Bürgerkrieg, dann schreibt er einige Gedichte neider. Es scheint ihm grosse Freude zu bereiten, sich lächerlich zu machen. Ganz nebenbei: Der Schriftsteller erweist sich dabei als grosser Komödiant! Die Fiktion des Films besteht darin, Houellebecq herabzustufen. Hier ist er nicht der renommierte Autor, der grosse philosphische Thesen aufstellt, sondern nur ein Typ, der ungewöhnliches Zeug daher redet. Warum auch nicht? Der Philosoph als gesellschaftlicher Schachspieler. Das beweist er vor allem mit der Leistung, dass man ihm eine Prostituierte beschafft. Fatima heisst sie und jemand sagt über sie, im Dorf übte sie noch andere merkwürdige Beschäftigungen aus. Ob der Film allerdings auch für diejenigen unterhaltsam ist, denen Michel Houellebecq nicht als Überfigur des Literaturbetriebs gilt (so wie den Franzosen) und die nicht so viel über seine Person wissen? Die meisten Witze im Film sind ausgesprochen frankophil. Denen, die sich mit dem Dichter auskennen, mag dagegen der lockere Stil dieser Doku-Komödie nicht schmecken? L'enlèvement de Michel Houellebecq ist das Gegenteil einer Vollblut Komödie - eher ein bisschen schwach auf der Brust. mehr auf cinegeek.de