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Poesie
cinegeek.de - wrote on 04/20/16
Wenn wir das erste mal Mario (Massimo Troisi) sehen, müssen wir annehmen, dass er behindert ist. Er spricht mit seinem Vater, der scheinbar auch debil ist. Oder einfach nur schrullig. In der nächsten Szene merken wir, dass Mario von normaler Intelligenz ist, aber in einer Gegend aufwuchs, in der es nicht viel zu erzählen gibt. Das aber wird sich ändern... Mario lebt auf einer Insel Süditaliens, in der Neues nur sehr verspätet ankommt, wenn überhaupt. Eines Tages wird Mario aber als Aushilfs-Briefträger angeheuert. Er hat nur einen einzigen Kunden, einen Fremden. Es ist der berühmte Dichter Pablo Neruda (Philippe Noiret), der aus Chile floh und auf der Insel ins Exil ging. Mario ist fasziniert von Neurda, der unzählige Briefe erhält, vor allem von Frauen. Er diskutiert mit seinem Chef, dem Postmeister, über Neruda: Der ausgewiesene Kommunist weist Mario zurecht: Neruda ist ein politischer Schriftsteller! Weder der Eine noch der Andere versteht Neruda, Mario aber entscheidet sich für den Job, um Neruda täglich aufzusuchen - und vielleicht gibts da auch Mädchen! Langsam entwickelt sich eine Beziehung zwischen den Beiden. Peruda lebt ruhig und zurückgezogen mit einer Frau, vielleicht seiner Ehefrau. Mario jedenfalls bemerkt, dass sich beide innig lieben. Mario nimmt jede Gelegenheit wahr, ins Gespräch mit Neruda zu kommen (was sehr niedlich ist) und lässt ihn ein Buch signieren. Mario liest darin und stellt verwundert fest: Wie kann dieses Buch so viele Frauen anziehen? Schliesslich macht er aber eine Entwicklung durch. Er ist nicht mehr der naive Postbote, am Ende glauben wir auch in ihm die Seele eines Poeten zu entdecken (nur dass er in diesem Umfeld nicht aufwuchs). Neruda aber lernt auch von den Menschen auf der Insel, die er als die Einfachsten der Welt beschreibt. Mario lächelt wissend - so simpel kann er also nicht mehr sein. Die treibende Kraft hinter diesem stillen verträumten Meisterwerk ist Massimo Troisi. Er schrieb auch am Drehbuch mit und übernahm die Titelrolle gleich selbst. Nur einen Tag, nachdem der Film fertiggestellt wurde, verstarb er. Troisi spielt Mario ohne jemals einen Effekt erheischen zu wollen. Er scheint sich kaum anzustrengen, so als ob er mit seiner Rolle bereits verschmolzen ist. Philippe Noiret ist genau die richtige Besetzung für Neruda. Er hat dieses verschmitzte Lächeln, dass ihn in Frankreich zu einer Art Volkschauspieler machte. In dem Moment, da andere überrascht reagieren, scheint dieses Lächeln auszudrücken: Ich habs doch gewusst! Zusammen machen sie aus diesem kleinen grossen Film eine Meditation über das Schicksal, Anstand und Poesie. Fast könnte man sich vorstellen, Mario wäre der Poet und Neurda der Postmann. Immerhin beweist Mario letztlich, wie Poesie auf Frauen wirkt, indem er seine Traumfrau Beatrice (Maria Grazia Cucinotta) neugierig macht. Der Film beruht auf einem Roman von Antonio Skarmeta. Ob der aber auf realen Fakten aufbaut, will ich im Grunde gar nicht wissen.