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Raum und Zeit
cinegeek.de - wrote on 04/25/16
Terrence Malicks The Tree Of Life ist ein Film von gewaltigen Ambitionen und tiefer Menschlichkeit. Nicht weniger als das Abbild aller Existenz durch das Prima einer überschaubaren Zahl menschlichen Lebens: Der O'Brien Familie. Mir fällt nur ein einziger Film ein, der einen ähnlichen Anspruch hat und das ist 2001 - doch dem geht das Humanistische von Malicks Film ab. Malick ist der letzte Überlebende der New Hollywood Generation, dem immer noch und immer wieder solch ein Meisterwerk zuzutrauen ist! Ich kann mich kaum erinnern, wann mich ein Film zuletzt so berührt hat und so viel mit meinem eigenen Leben zu tun hatte. Fast kommt es mir so vor, als ob die Männer in The Tree Of Life ich selbst sind. Hätte ich die Begabung Malicks und müsste einen autobiographischen Film drehen, er würde wohl so aussehen. Wir erleben die Kindheit in einer kleinen Stadt, wo das Leben einfach so fliesst. Ein Vater tritt auf, der Disziplin predigt und eine Mutter, die für Vergebung eintritt. Wir befinden uns auf einer Insel des Müssigangs und nur in dieser Umgebung stellen sich die Fragen nach dem Sinn des Lebens (denn dafür braucht es Zeit). Die drei Jungs der O'Brien Familie sind von der Sonne gebräunt und leicht zerkratzt vom Spielen. Die flüchtigen Eindrücke, die sie von den Geheimnissen der Erwachsenen bekommen, stören sie und erhöhen den Wunsch, selbst möglichst schnell ewachsen zu werden. Ich selbst wuchs auf im Vorort von West-Berlin, dort wo die Mütter aus dem Küchenfenster nach den Kindern sahen und gegen sechs alle rein mussten zum Abendessen. Die Türen der Häuser standen offen und wir fühlten uns beschützt - ich denke von der Unschuld, die so eine Umgebung ausstrahlt. Malick erhielt hier die kongeniale Unterstützung von seinem Produktions Designer Jack Fisk, der die Bilder dieser Kleinstadt Idylle (es muss im mittleren Westen sein) schuf. Wie in seinen letzten Filmen kommt Malick ohne einen offensichtlichen Plot aus. Er zeigt, wie die Sommertage aufeinanderfolgen und lässt seine Figuren dazu monologisieren. Tatsächlich sind es weniger die Gespräche zwischen den Charakteren, als vielmehr die Selbstgespräche, die The Tree Of Life ausmachen. Wir sehen dem täglichen Leben zu. Inspiriert wohl durch Malicks eigene Erinnerungen aus seiner Heimatstadt in Texas wird das Geschehen begrenzt durch 1.) Raum und Zeit und 2.) Spiritualität. Malick führt dazu atemberaubende Bilder vor von der Entstehung und Ausbreitung des Universums, dem ersten Leben und der Evolution. Er landet im Hier und Jetzt - bei uns allen. Durch den Urknall wurden wir erschaffen und heute sind wir - du und ich eben. Aber was folgt danach? Zu beginn werden die Wörter "Nature" und "Grace" geflüstert. Wir erleben, wie die Natur das Leben schenkt und wieder nimmt. Einer der O'Brien Brüder stirbt. Wir können auch der Zeit zusehen: Aus dem jungen Jack O'Brien (Hunter McCracken) wird schliesslich ein Mann mittleren Alters (Sean Penn). Und dann? Ich denke, der Film verspricht ein Nachleben, ein Afterlife. In einer einsamen Landschaft grüssen sich die Menschen feierlich. Ich glaube, dass hier Einklang und absolutes Verständnis herrschen. Manchmal konnte man lesen, dass Mr. O'Brien (Brad Pitt mit Kurzhaarschnitt) eine Figur ist, die zu einseitig als eine Art Dompteuer gesehen wird. Es scheint ihn einzig die Disziplin zu interessieren. Für mich tut er einfach nur das, was er für richtig hält. Mrs. O'Brien (Jessica Chastain, die so ätherisch wirkt) ist verständnisvoller und liebenswürdiger. Sicher, wir sehen eine Familie der 50er Jahre und es ist nichts Ungewöhnliches, dass ein Kind am Essenstisch mal eine reinbekommt. Immerhin entschuldigt sich Mr. O'Brien bei seinem Sohn Jack: "I was a little hard on you sometimes". Der antwortet nur: "It's your house". Jack verteidigt seinen Vater sich selbst gegenüber. So wird man erwachsen. Das alles wirkt in Malicks Film wie ein kurzes Blitzlich des Lebens innerhalb der ewigen Bereiche des Raumes und der Zeit vorgeführt. (Dazu gibts unsere Film List "Mystik" auf cinegeek.de