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Sand
cinegeek.de - wrote on 05/07/16
Our Daily Free Stream: The Woman In The Dunes (engl. subt.). Kennst du das Gefühl, jahrelang einen Film zu suchen, den du einfach nicht bekommen kannst? So ging es mir mit Woman In The Dunes, bis die vorliegende DVD veröffentlicht wurde (ich weiss, der Netflix User kann das nicht verstehen, denn seine Superhelden stehen per Click stets bereit...). Er würde gern in privaten Unterkünften übernachten, sagt der Mann, der seinen letzten Bus verpasst hat. Er erforscht Insekten in einer entlegenen Wüsten-Region Japans. Nun folgt er einer Fremden, die ihn einlädt, über Nacht zu bleiben. Ihr Haus liegt mitten in der Mulde einer Düne und betreten kann man es nur über eine Leiter. Er klettert die Leiter hinunter und verbringt die Nacht bei ihr als Gast. Am nächsten Morgen findet er die Fremde nackt; ihr Körper ist über und über mit Sand bedeckt. Er will weiterziehen, doch die Leiter ist weg. Ein brutaler Akkord erklingt in diesem Moment. Das ist Woman Of The Dunes, ein scheinbar realistischer Film, der darüber hinaus als Parabel des Lebens funktioniert. Der Mann (Eiji Okada) hat fortan die Aufgabe, Sand für die Fremde (Kyoko Kishida) zu schaufeln, denn sonst würde das Haus zu ihrem Grab werden. Unablässig treibt der Sand, immerfort muss dagegen an gebuddelt werden. Die Frau warnt ihn: Würde ihr Haus verschüttet werden, wäre danach das nächste Gebäude dran. Ich verstehe ihre Erklärung nicht und auch nicht die örtliche Wirtschaft, da die Dorfbewohner den Sand verkaufen. Scheinbar ist der Sand zu salzig, um den Auflagen der Bauwirtschaft zu genügen und wird deshalb billig verkauft. Wie dem auch sei, ein logischer Hintergrund existiert nicht. Regisseur Hiroshi Teshigahara hat aber schliesslich auch keinen Film über Sand gemacht, sondern über das Leben. Und ist der Mann nicht selbst Schuld? Wollte er nicht vor etwas entfliehen? Suchte er nicht die Einsamkeit? Ob sie Sand schaufelt, um zu überleben oder überlebt, weil sie Sand schaufelt, fragt er die Fremde. Wir erkennen den Mythos des Sisyphus darin. The Woman In The Dunes eröffnet mit einer sagenhaften Montage, in der wir erst einen Berg von Edelsteinen betrachten, dann die Düne - eine immer feiner werdende Körnung. Niemals zuvor oder danach habe ich eine solche Kameraarbeit gesehen! Hiroshi Segawa hat den Sand der Dünen so fabelhaft fotografiert, dass wir zwar eine Parabel erleben, aber glauben, alles geschehe tatsächlich! Die Musik von Toru Takemitsu scheint die Handlung dabei gar nicht zu unterstützen, sondern nur zu verspotten. Wer den Film zum ersten Mal sieht, muss meinen, The Woman In The Dunes sei ein psychologisches Erotik-Drama, denn so funktioniert die Ausgangssituation: Eine Frau, die ihren Körper für den Preis lebenslanger Einsamkeit anbietet. Feindseligkeit und Kampf zeichnen ihre Beziehung; im Grunde ist er ihr Sklave. Bondage. Viel stärker als in jedem anderen Film, den ich kenne, wird die Struktur von Woman In The Dunes spürbar durch die Fotografie: Sand, nackte Haut oder Wasser, das wiederum die Beschaffenheit des Sandes verändert. Wir sehen die Frau und meinen genau zu wissen, wie sich ihre Haut anfühlt! Die Sexszenen, sie sind ein Teil der allumfassenden Realität des Films. Das Leben in den Dünen, es besteht nur aus Arbeit, Schlaf, Essen und Sex. Die Frau wünscht sich zwar ein Radio, um wenigstens die Nachrichten zu hören - wir aber wissen, wie bedeutungslos das eigentlich ist. Ganz langsam führt der Autor Kobo Abe das Ungeheuerliche dieser Situation vor. Das Dilemma des Mannes entwickelt sich schleichend während der täglichen Routine in der Düne. Auch die Frau ist eine Gefangene, die zwar von den Dorfbewohnern versorgt wird, aber nicht entkommen kann. Längst hat sie sich ihrem Schicksal gefügt. Ich denke, falls es eine Möglichkeit gebe, zu fliehen - die Frau würde sie nicht einmal ergreifen! Wir erfahren, dass ihre Familie bereits umkam in den Dünen (ihre Knochen sind vor dem Haus begraben). Allein sieht sie sich ausserstande, genug Sand zu schaufeln und würde genauso begraben werden. Der Mann versurcht alles, um aus der Düne zu klettern. Er benutzt sein Wissen als Naturforscher - letztlich umsonst. Doch ist sein Leben im Sand nicht sinnvoll? Alles andere, wie uns eine Stimme aus dem Off (seine eigene?) erklärt, ist bloss Papierkram: Verträge, Lizenzen, Ausweiskarten... Hier erleben wir die Einheit Subjekt - Idee - Stil. Daraus zieht Woman In The Dunes seine ganze Kraft und die liess mich ab der ersten Einstellung des Films nicht mehr los! Mann und Frau, sie können nicht entkommen. Von ihnen hängt das Schicksal der Gemeinde ab und davon das der ganzen Welt. Dann aber findet er heraus, wie die Wasserpumpe in der Düne funktioniert. Immer noch sind sie gefangen, aber von nun an werden die Lebensbedingungen im Sand ein bisschen besser... (Dazu gibts unsere Film List der japanischen Klassiker auf cinegeek.de