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Freiheit
cinegeek.de - wrote on 09/23/16
Hal Hartley beansprucht für seine Filme, dass sie in der Realität spielen mit "echten" Figuren, die so sprechen wie "in echt". Die Geschichten aber, die er erzählt, müsste man mit "fancy" beschreiben, denn Hartley liebt das Schicke, das Modische. Wer nun den Ton wegdreht in Amateur, müsste meinen, ein Stück Leben zu sehen. Urbane Kriminalität, Grossstadt Isolation. Aber: Falsch geraten! Ein Hartley Plot beinhaltet merkwürdige Begegnungen und seltsame Ereignisse. Oft haben seine Charaktere eine doppelte Identität. Etwa Gärtner und Serienmörder. In Amateur lernen wir eine Nonne kennen, die auch noch Fotografin ist. Selbstredend ist sie auch noch Nymphomanin und natürlich ausserdem jungfräulich. Sie heisst Isabelle (Isabelle Huppert) und wir treffen sie zuerst in einem Cafe. Sie ist gerade dabei, ihre Pornografie zu schreiben (mit einem Laptop, was 1994 noch ungewöhnlich war). Später wird sie gefragt; "How can you be a nymphomaniac and never have sex?" Isabelle ist eben wählerisch. Amateur beginnt damit, dass ein scheinbar toter Mann auf der Strasse liegt. Später spaziert auch er in den Coffee Shop und versucht, mit Gulden zu zahlen. Er spricht aber wie ein Amerikaner. Der Mann hat ausserdem noch sein Gedächtnis verloren, nach einem Sturz aus dem Fenster. Ob er raucht, kann er deshalb nicht beantworten. Er weiss es nicht mehr. Ein angenehmer Typ, so wie ihn Martin Donavan oft spielt in Hal Hartley Filmen. Doch natürlich hortet auch er ein paar hässliche Geheimnisse! Später wird ein Mädchen namens Sofia (Elina Lowensohn) behaupten, dass er sie mit 12 drogensüchtig auf den Strich schickte (und heiratete). Wer ist dieser Mann? Isabelle lädt ihn ein in ihr Apartment und versucht seine Vergangenheit zu rekapitulieren. Stecken die Charaktere in Hal Hartley Filmen wirklich voller Überraschungen? Ich würde denken, sie überraschen uns eher damit, dass sie ihren Charakter einfach ändern. Isabelle hat bereits ihren Konvent verlassen und schreibt stattdessen Pornos. Sie nahm sich die Freiheit, jemand anders zu sein. Und Hartley selbst? Will er sich von gängigen Plots befreien? Und der Film? Ich finde die Idee besser als das fertige Werk.