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Puppen
cinegeek.de - wrote on 03/07/16
Was auch immer im amerikanischen Film gerade läuft, es gibt noch eine zweite Richtung: Die des Charlie Kaufman. Obwohl er bis dahin mehr Drehbücher verfasst hat als Filme inszeniert, muss er als Autor gelten. Charlie Kaufmans Werk ist so eigen, so originell - seine Figuren sprechen ihre ganz eigene erhabene Sprache. Seine Komödien leben von ihrem bissigen Humor, abgedrehten Slapstick und ihrem selbstbewussten Erzähl-Stil. Poesie und Träume, all das findet Einzug in die Bilderwelt des Charlie Kaufman. Ich denke, seine bisherigen Arbeiten handeln Kaufmans eigenes Leben ab - wobei der Unterschied von Film zu Film undeutlicher wird. Irgendwann werden wir nicht mehr wissen, ob privat oder erfunden. Anomalisa ist ein Midlife-Crisis Drama mit Puppen. Ursprünglich hatte Kaufman die Geschichte als Hörspiel konzipiert. Tatsächlich existiert dieses Hörspiel auch, so dass der Puppenfilm nun wie eine Fortführung wirkt. Kaufman hat ihn gemeinsam mit Duke Johnson im Stop-Motion Verfahren hergestellt. Die Puppen wirken dermassen echt, dass ich manchmal vergass, hier gar keine echten Darsteller vor mir zu haben. In anderen Puppenfilmen werden die Charaktere meistens lebendig skizziert. Schliesslich dienen sie dazu, uns zum Lachen zu bringen. In Kaufmans Film kämpfen die Puppen mit den Krankheiten des 21. Jahrhunderts: Einsamkeit, Verzweiflung und Entfremdung. Das Ganze wäre ziemlich unerträglich, hätte Kaufman nicht wie üblich auf seinen trockenen Humor zurückgegriffen. Ungewöhnlicherweise folgt Kaufman seinen Charakteren in langen Einstellungen und entwickelt sie dementsprechend sorgfältig. Die Figuren in Anomalisa, sie straucheln, sie kämpfen mit den Widrigkeiten des Lebens. Meilenweit entfernt vom Geheimnis des Glücks. Viele mögen sich so fühlen, als seien sie etwas Besonderes - nicht so Kaufmans Figuren. Sein Held Michael ist offensichtlich unglücklich mit seinem Leben, seiner Ehe, sogar seinem Kind. Im Sinne eines Plots geschieht an sich nicht viel mit ihm. Michael landet in Cincinati, mietet sich in ein Hotel ein, schreitet auf und ab, während er raucht. Er versucht eine alte Liebe auf einen Drink einzuladen, in der Hoffnung, neues Glück zu finden. Wir aber merken, dass es für sie schmerzhaft ist, mit ihm im selben Raum zu verweilen. Dann glaubt er sich während einer Konferenz zu verlieben in eine Frau mit einer Narbe im Gesicht. Sie, Lisa, ist übrigens die einzige Puppe, die mit einer eigenen Stimme spricht (Jennifer Jason Leigh), alle anderen werden von Tom Noonan synchronisiert. Lisa wäre übrigens die Rettung für Michael - jedoch haben wir ihn gut genug kennen gelernt, um zu wissen, dass er selbst das nicht merken würde. Es geschah mir übrigens etwas Erwähnenswertes, denn ich begann, meine eigenen Ängste, meine Blindheit in Verbindung zu Michael zu setzen. Michael als Identitikations-Figur. Ich denke, dass rührt daher, weil Anomalisa ein Film mit aufrichtigen Gefühlen ist. Ein zurückhaltender, fast schüchterner Film. So viel Schönheit und Trauer bietet Anomalisa, so viele wundervolle Momente - ein Film, der in einer einzigartigen Tonlage zu uns spricht. So wie die Stimme von Lisa. mehr auf cinegeek.de